Wurzelkanalbehandlung (endodontische Therapie)
Dr. Stefan Verch und Dr. Jonas Muallah haben jahrelange Erfahrung auf dem Gebiet der Wurzelkanalbehandlung in Theorie und Praxis. Wurzelkanalbehandlungen sind daher Schwerpunkte ihrer Tätigkeit.
Alle Behandlungen werden unter Zuhilfenahme von Lupenbrille, Mikroskop und zusätzlicher gezielter Lichtquelle sowie Isoliergummi (Kofferdam) durchgeführt.
Lupe und Mikroskop ermöglichen durch ihre Vergrößerung die Sicht auf die sehr feinen Strukuren im Zahn; geeignetes Licht direkt am Untersuchungsort erhellt das Dunkel im Zahninneren. Ohne diese beiden Hilfsmittel sind Therapien im Zahn fast unmöglich oder nicht kontrollierbar und voraussagbar.
Isoliergummi (Kofferdam) verhindert das Eintreten von Blut, Speichel und Bakterien ins Zahninnere und schützt vor den verwendeten Spülmaterialien. Es verhindert das Verschlucken von Kleinteilen und ermöglicht ein ruhiges Arbeiten unter dem Mikroskop. Es dient Patient und Behandler als allgemeiner Infektionsschutz während der Behandlung.
Zähne werden vor der Behandlung klinisch im Mund untersucht und ggf. digital, d.h. strahlungsarm und über Computer, geröntgt. In vielen Fällen bringt die zweidimensionale Röntgenaufnahme nicht genug Erkenntnisse; hier können wir im Bedarfsfall auf unser DVT-Gerät (Digitale Volumentomographie) zurückgreifen, das genaue Diagnostik um ein Vielfaches erleichtert bzw. in manchen Fällen überhaupt erst möglich macht.
Wir bieten für folgende Fälle Therapien an:
1. Primäre Wurzelkanalbehandlungen – Erstbehandlungen
2. Pulpotomie – Vitalerhaltung alternativ zur “klassischen” Wurzelkanalbehandlung
3. Wurzelkanalbehandlung
– Wiederholungsbehandlungen (Revisionen) aufgrund bestehender bakterieller Infektion/ Schmerzen
– Problemfall: abgebrochene Instrumente im Wurzelkanal
– Problemfall: Perforationen (Durchlöcherungen) nach Stiftsetzung/Behandlung im Wurzelkanal
4. Traumatologie (Unfallbehandlungen) und Revaskularisierungstherapie (Geweberegeneration)
5. Chirurgische Wurzelkanalbehandlungen (Abschneiden von Wurzelteilen oder Wurzelspitzen)
1. Primäre Wurzelkanalbehandlungen – Erstbehandlungen
Das Zahninnere (Pulpa, Mark) ist gefüllt mit weichem Gewebe (Blutgefäße, Nerven, Bindegewebe), das den Zahn ernährt und repariert. Ist es durch äußere Reize (Kariesgifte, chemische Stoffe oder Gewalt) unwiederbringlich gereizt, muss dieser Geweberaum ausgeräumt und künstlich gefüllt werden, da ansonsten Bakterien die Chance haben, sich erst in diesem Raum und dann über die „Ausgänge“ an der Wurzelspitze und an anderen Stellen der Wurzeln in den Knochen und weiter über das Blut in den restlichen Körper auszubreiten („Zahnherd“). Eiter, Schmerzen und Blutvergiftung sind mögliche dramatische Folgen. Ziel der Wurzelkanalbehandlung ist daher das kompromisslose vollständige Säubern, Desinfizieren und Füllen dieser Geweberäume im Zahn, um den “toten”, aber funktionsfähigen Zahn samt Wurzeln ohne Knochenentzündung ein Leben lang zu erhalten .
Den schematischen Ablauf können Sie hier im Detail betrachten: Wurzelkanalbehandlungen
Neben relativ einfachen Fällen nehmen wir uns auch sehr komplizierter Fälle an, die sich aus der Komplexität der Wurzelformen ergeben:
Verborgene zusätzliche Kanäle
Auf dem Röntgenbild sieht man zunächst vor der Behandlung 3 Kanäle; tatsächlich konnten jedoch 6 Kanäle (weiße “Striche”) gefunden werden. Wenn man solche Wurzelkanäle nicht auffinden und behandeln kann, können sie Anlass für weiter bestehende oder aufkommende Schmerzprobleme sein. Derartige Kanäle sind oft nur mit Mikroskop auffindbar und zu behandeln.
Nischenräume:
Die Wurzelkanäle sind keine “Röhren”,sondern stellen ein System dar mit größeren Räumen und querverlaufenden kleineren bis kleinsten Nischenräumen dar. Mit der geeigneten Technik und Sorgfalt können sehr viele dieser Räume erfasst und gefüllt werden wie diese beiden kleinen “Nebenkanäle”, die quer zum Hauptkanal verlaufen:
Verblockte Räume:
Das Weichgewebe im Inneren des Zahnes (Pulpa) kann auf Reize neues Hartgewebe bilden, wodurch der Raum für das Weichgewebe verengt wird. Diese Verengung kann zum völligen Verschluss führen; meist bleibt jedoch ein kleiner lebender Weichgewebeanteil zurück. Ein solcher Zahn kann ein Leben lang funktionieren; ist jedoch eine Wurzelkanalbehandlung notwendig (z. B. bei tiefer Karies), stellen diese Verblockungen ein Problem dar. Unter Zuhilfenahme des Mikroskops können auch solche Zähne mit einer Wurzelfüllung behandelt werden:
Starke Krümmungen:
Extrem geknickte Wurzelkanäle stellen ein Problem bei der Behandlung dar. Mit der geeigneten Technik sind auch sehr gekrümmte Wurzelkanäle zu behandeln, so dass eine dichte Wurzelfüllung bis zur Wurzelspitze eingebracht werden kann.
Zähne mit starker Knochenentzündung
Bakterien können sich in abgestorbenen Wurzelkanälen stark vermehren und bis zur Wurzelspitze oder anderen Wurzelkanalausgängen gelangen; dort treffen sie auf die Körperabwehr. Die Zellen der Körperabwehr vermehren sich und bauen den Knochen um die Wurzelspitze ab. Chronische und akute Probleme können sich entwickeln: Aufbissempfindlichkeiten, Schmerzen, Schwellungen, Abszesse. Im Röntgenbild sind statt der normalerweise grauweißen Knochenstruktur schwarze Flecken zu erkennen: hier hat sich aufgrund der Entzündung der Kieferknochen abgebaut. Aus diesen Ansammlungen von Abwehrzellen können sich auch Zysten bilden. Die Therapie besteht primär in der Desinfektion der Wurzelkanäle: dadurch wird der Nachschub an Bakterien zur Wurzelspitze nachhaltig unterbunden und das Enzündungsgewebe baut sich ab, um neuem Knochen Platz zu machen. Dies ist auf den beiden Röntgenbildern gut zu sehen. Hier konnte nur durch eine Wurzelkanalbehandlung der Krankheitsprozess aufgehalten werden; eine chirurgische Operation der Wurzelspitze (Wurzelspitzenresektion), wie man sie früher als Erstbehandlung in solchen Fällen standardmäßig durchführte, konnte vermieden werden.
Schemazeichnungen mit freundlicher Genehmigung der DGET www.erhaltedeinenzahn.de
2. Pulpotomie – Vitalerhaltung alternativ zur “klassischen” Wurzelkanalbehandlung
Wenn sich bei der Entfernung einer Karies das Pulpenkavum („der Nerv“) eröffnet, muss nicht zwangsläufig eine Wurzelkanalbehandlung erfolgen. Unter günstigen Umständen kann der Zahn vital erhalten werden. Dabei wird nach einer gründlichen Desinfektion ein womöglich infizierter und entzündeter Anteil der Pulpa aus der Zahnkrone entfernt, die Wurzelpulpa jedoch wird im Zahn belassen. Es folgt eine weitere gründliche Desinfektion und das Abdecken des vitalen Gewebes mit Mineraltrioxidaggregat, kurz MTA. Dieses Material hat sich in den letzten dreißig Jahren als besonders biokompatibel erwiesen und wird auch zur Deckung perforierter Zahnwurzeln und als Füllungsmaterial bei mikrochirurgischen Wurzelspitzenresektionen genutzt. Um eine Pulpotomie ordnungsgemäß und erfolgsverpsrechend durchführen zu können ist neben den geeigneten Materialien und einer Vergrößerung mit Hilfe des OP-Mikroskops vor allem Erfahrung mit dieser Behandlungsoption notwendig. Die korrekte Diagnostik vor und auch während der Behandlung, das Schaffen eines aseptischen Arbeitsfelds durch die Nutzung von Kofferdam, sowie der korrekte Umgang mit dem sensiblen Gewebe sind unabdingbar. Nach der Pulpotomie kann der Zahn dann wie geplant restauriert werden. Regelmäßige Kontrollen eines solchen Zahns sind genauso notwendig und sinnvoll wie bei wurzelkanalbehandelten Zähnen.
3. Wurzelkanalbehandlung
In Fällen, in denen bereits eine Wurzelkanalbehandlung oder sogar ein chirurgisches Abschneiden der Wurzelspitzen versucht wurde und die weiterhin Beschwerden machen oder auch zu Knochenentzündungen geführt haben, kann man durch eine erneute, intensive Reinigung, Desinfektion und Füllung der Wurzel („Revisions- oder Wiederholungsbehandlung“) Ausheilung erzielen, ohne chirurgisch (Wurzelspitzenresektion) behandeln zu müssen.
In Fällen, in denen bei der Behandlung kleine Metallstücke der Behandlungsinstrumente abgebrochen sind und im Wurzelkanal eine vollständige Desinfektion und Füllung verhindern, kann man mit der geeigneten Technik und dem Mikroskop diese in den allermeisten Fällen substanzschonend und ohne Operation entfernen. Dies ist besonders dann nötig, wenn Bakterieninfektionen vorliegen und/oder der Knochen um die Wurzel bereits entzündet ist. Alternativ bleibt als Option das Belassen des Instrumentes oder das Abtrennen des Wurzelbereiches, in dem das Instrument steckt.
In Fällen, in denen beim Suchen der Geweberäume oder beim Setzen eines langen Metallstiftes zur Verankerung einer Krone unbeabsichtigte Durchlöcherungen der Wurzelwände zum Knochen passiert sind, kann man mit dem Mikroskop diese Durchlöcherungen (“Perforationen”) aufspüren und mit einem Spezialmaterial (MTA-Zement) biologisch verschließen, so dass sich der umgebende Knochen regenerieren kann.
Den Ablauf können Sie hier im Detail betrachten:
Entfernung und Erneuerung einer Wurzelfüllung
3. Revaskularisierungstherapien (Geweberegeneration)
Revaskularisierung
Wenn bei jugendlichen Zähnen Gewebe im Zahninneren abstirbt und Bakterien im Knochen eine Entzündung hervorrufen, müssen auch diese jungen Zähne an der Wurzel behandelt werden. Es gibt drei Methoden, diese Zähne zu behandeln:
1. Sofortige Wurzelkanalbehandlung
mit Ausräumung des toten Gewebes und Desinfektion; der Verschluss wird in der Regel mit dem bioverträglichen Material MTA, einem Zement, angestrebt. Vorteil: Schnelle, zuverlässige Entzündungsbehebung, einfacheres Handling. Nachteil: jugendliche Zähne haben oft sehr dünne Wurzelkanalwände, die noch in Länge und Dicke weiter wachsen würden. Dies ist bei einer sofortigen Wurzelkanalbehandlung unterbunden, der Zahn hat ein gewisses Stabilitätsproblem.
2. Apexifikation
Es wird eine Wurzelkanalbehandlung eingeleitet mit dem Ziel der Ausräumung des toten Gewebes und der Desinfektion. Anschließend wird ein Medikament eingebracht, das zumindestens den regelrechten Verschluss der Wurzelspitze (die oft noch sehr weit offen ist) durch körpereigene Zahnsubstanz katalysieren soll. Apexifikation bedeutet also etwa: Herstellung einer dichten natürlichen Wurzelspitze. Vorteil: Natürlicher Verschluss der Wurzelspitze. Nachteil: das Medikament schwächt die Wurzelsubstanz (Sprödigkeitszunahme) und muss über Wochen liegen bleiben (Bruchrisiko, weil der Zahn hohl bleibt in dieser Zeit); da man heutzutage aber sehr gute Ergebnisse mit einem Verschluss durch MTA-Zement erzielen kann, ist kein wirklicher Vorteil eines natürlichen Wurzelspitzenverschlusses zum MTA-Verschluss festzustellen. Die Apexifikation ist ein über Wochen gehendes Therapieverfahren, das aufwendig und für das Kind und die Familie anstrengend sein kann.
3. Revaskularisierung
Zunächst wird auch hier das tote Gewebe ausgeräumt; dann wird ein Mix aus Antibiotika oder Kalziumhydroxid als Medikament eingebracht, um vollständige Desinfektion zu erreichen. In einer weiteren Sitzung wird ein Phänomen ausgenutzt: in allen Zähnen, aber speziell in jungen, nicht ausgereiften Zähnen finden sich Stammzellen, aus denen sich alle Gewebe des Zahnes entwickeln können. Diese sitzen vermehrt an der Wurzelspitze eines im Wurzelwachstum noch nicht fertig gebildeten, jungen Zahnes (sog. Zahnpapille). Durch Auslösung von Wachstumsfaktoren aus der Wurzelkanalwand und Einblutung dieser Stammzellen von der Wurzelspitze in das leere Wurzelkanalvolumen füllt sich dieser Hohlraum mit einem Blutpfropf, aus dem sich dann Gefäße und Zellen entwickeln können. Entstehen die richtigen Zellen am richtigen Ort, kann sich das Wurzelwachstum in Dicke und Länge fortsetzen! Vorteil: Völlige Regeneration und gesunde Entwicklung der Wurzel möglich und somit vitaler, stabiler Zahnerhalt! Nachteil: Nicht steuerbar und aufwendiges Verfahren: ob sich die richtigen Zellen erholen und Vitalität und Wachstum zurückkehren, ist nicht sicher. Sicher kann man aber im Falle eines Mißerfolges eine Wurzelkanalbehandlung der 1. Methode mit MTA- Zementverschluss noch folgen lassen.
4. Chirurgische Wurzelkanalbehandlungen – Abschneiden von Wurzelteilen oder Wurzelspitzen
Fehlgeschlagene Wurzelbehandlungen zeigen an der Wurzelspitze eine entzündliche Reaktion im Knochen. Um diese zu beseitigen, ist als erste Therapie die Wiederholungsbehandlung angezeigt: so kann man nach Entfernung der alten Wurzelfüllung eine erneute Desinfektion durchführen, die in den meisten Fällen zur Ausheilung der Entzündung im Knochen führt. Eine chirurgische Operation an der Wurzelspitze ist als Ersttherapie in diesen Fällen nicht angezeigt.
Erst wenn diese erneute Wurzelbehandlung abermals zu keinem Erfolg führt, kann man an ein operatives Abtragen der Wurzelspitze oder einer Wurzel (bei mehrwurzeligen Zähnen) denken. Dies gilt auch für Zysten oder für Fälle, bei denen an der Wurzelspitze nicht erreichbare abgebrochene Metallgegenstände liegen oder bei denen die Wurzelspitze gar nicht auf herkömmlichen Wege erreicht werden kann.
Ein Zahn mit einer abgetrennten Wurzelspitze oder auch einer amputierten Wurzel (bei mehrwurzeligen Zähnen) kann völlig ausheilen und erhalten werden.
Während der kleinen Operation wird das Gebiet der Wurzelspitze oder der zu amputierenden Wurzel freigelegt; so ist es möglich, die Wurzel unter dem Mikroskop zu inspizieren: kleinste Risse, nicht entferntes Gewebe können unter Vergrößerung entfernt werden; der dann offene Wurzelkanal wird mit einer MTA-Zementfüllung dicht verschlossen.
Das Vorgehen im Detail kann hier abgerufen werden:
Stärken, Schwächen und Alternativen
Wurzelkanalbehandelte Zähne können genauso lange halten wie gesunde, “lebende” Zähne. Die Prognose ist jedoch vom Vorerkrankungszustand und der verbleibenden Restsubstanz abhängig. Ein erneutes Aufflackern der Bakterieninfektion aus kleinsten verbliebenen Nischen sowie eine erhöhte Bruchanfälligkeit der zwar versiegelten und stabilisierten Hohlräume sind die Hauptgründe für – seltene – Mißerfolge. Erneute Knochenentzündungen nach einer intensiven Wurzelkanalbehandlung unter dem Mikroskop sind selten und unwahrscheinlich; wenn sie dennoch auftreten, kann man sie entweder durch eine nochmalige Wurzelbehandlung oder auch chirurgisch angehen: bei mehrwurzeligen Zähnen z.B. kann man eine einzelne betroffene Wurzel entfernen.
Im Gegensatz zum gesunden Zahn besteht bei wurzelbehandelten Zähnen ein erhöhtes Bruchrisiko, da durch die Behandlung (und natürlich auch durch die Vorerkrankung, z.B. Karies) Zahnsubstanz fehlt. Die meisten wurzelkanalbehandelten Zähne müssen daher überkront werden (->mehr zum Thema Kronen). “Knirscher” sollten zusätzlich nachts eine Aufbissschiene tragen, um die Belastung der Zähne zu senken.
Alternativ zu jeder aufwendigen Wurzelkanalbehandlung kann der Zahn gezogen werden und z. B. durch eine Brücke (->mehr zum Thema Brücke) oder eine künstliche Zahnwurzel (->mehr zum Thema Implantate) ersetzt werden. Aber: Der eigene Zahn, der durch eine Wurzelkanalbehandlung gerettet wird, ist bereits perfekt im Zahnfleisch und Knochen verankert. Insofern entscheiden sich die meisten Patienten bei uns für eine gut geplante und erfolgversprechende Wurzelkanalbehandlung, auch wenn sie aufwendig sein sollte.